Wie sinnvoll ist eine Ausbidlung zwischen Abi und Studium

  • Moin moin,
    im Sommer fange ich, nach meinem Abi, eine Ausbildung zum Mechatroniker an und habe danach vor zu studieren (Wahrscheinnlich Maschinanbau).
    Natürlich ist mir klar, dass man als studierter Ingenieur komplett andere Aufgaben hat, als ein Mechatroniker. Trotzdem war es mir wichtig vorher eine technische Ausbildung zu absolvieren.
    Zum einem hat man dann schonmal in einem Unternehmen gearbeitet und kommt viel besser mit dessen Strukturen dort klar, hat Erfahrungen mit Kollegen und Teamarbeit gesammelt, zum anderen weiß man aber auch wie es auf der "untersten" Produktionsebene zu sich geht.
    Von den technischen und handwerklichen Vorteilen jetzt mal ganz abgesehen.


    Nun stellen sich mir aber mehrere Fragen: ist es schwer nach einer handwerklichen Ausbildung wieder in diesen "theoretischen Lernmodus" zu kommen, wie man in in der Schule hat? Die Berufsschule ist wahrscheinlich ein Klacks, gerade was Sachen wie Mathe angeht, aber genau die braucht man ja im Studium um so mehr. Hat man das mathematische Denken in den 3,5 Jahren verlernt und muss das erstmal wieder üben?


    Welche Vor- und Nachteile hat man mit dieser Ausbildung während des Studiums und später als Ingenieur?
    Würde mich freuen, wenn es Leute gibt, die vor ihrem Studium auch eine technische Asubildung gemacht haben und mir von ihren Erfahrungen Berichten könnten :)


    Danke schonmal im voraus und frohe Ostern :saint:

    • Offizieller Beitrag

    Grüß dich,


    ich persönliche halte nicht viel von einer technischen Ausbildung vor einem Universitätsstudium. Hierbei liegt die Betonung auf Universität. Wenn du ein FH-Studium anschließend angehen willst, welches praktischer ausgelegt ist, kann man über eine Ausbildung sprechen.


    Zunächst einmal, wenn es ein Universitätsstudium werden soll:
    Du nennst als Vorteile einer Ausbildung, dass du bereits in einem Unternehmen gearbeitet hast, besser mit den Strukturen dort klar kommst, Erfahrungen mit Kollegen und Teamarbeit sammelst. Das ist zwar alles richtig, aber du sammelst das als Mechatroniker, möglicherweise sogar im Schichtbetrieb, den du später als Ingenieur nicht haben wirst. Dh. die Strukturen, die du dort kennen lernen wirst, werden dich nicht auf deine späteren Aufgaben als Ingenieur vorbereiten. Auch wenn es sicherlich nicht verkehrt ist, das mal kennenzulernen, so halte ich da nicht eine Ausbildung für notwendig.
    Wir müssen hier in Aachen ein 20 wöchiges Praktikum absolvieren, in denen du alle Bereiche eines Unternehmens kennenlernen kannst, insbesondere die Tätigkeiten, die dich als Ingenieur später betreffen. Wem das nicht ausreicht, kann als Werkstudent arbeiten. Dort lernt man gleichermaßen die Strukturen von Unternehmen kennen und man sammelt auch Erfahrungen mit Kollegen und Teamarbeit. Meiner Meinung nach sind diese Erfahrungen mit Kollegen, sogar noch wertvoller, weil man sich bereits in einem Umfeld des späteren Einsatzbereiches bewegt.


    Als Mechatroniker sind deine Kollegen ja auch Mechatroniker, die möglicherweise nicht die Ambition haben, noch zu studieren, erst recht nicht z.B. in Aachen und deine Vorgesetzten sind deine Vorarbeiter und Meister. Ich beziehe mich bei meinen Ausführungen auf große Industrieunternehmen mit Schichtbetrieb.


    Vorteile einer Ausbildung wären sicherlich, dass du viele Verfahren, wie die spanenden Fertigungsverfahren zum Beispiel, mal tatsächlich bedient hast und richtig kennengelernt hast. Viele Studenten kennen nur YouTube Videos oder haben eben im Praktikum ehrfürchtig neben der Drehbank gestanden und zugeguckt. ^^


    Wenn du ein FH-Studium anpeilst, dann sehe ich eine Ausbildung weniger kritisch.
    Ich habe obengenanntes Praktikum in der Stahlindustrie gemacht und anschließend mehrere Jahre als Werkstudent dort gearbeitet. Die Ingenieure, die in direkten Kontakt mit den Meistern, Vorarbeitern und Werkern kamen, waren alles FH-Ingenieure. Also z.B. die mechanische und technische Instandhaltung. D.h. wenn du später tatsächlich in Kontakt mit Anlagenbedienern kommst und sehr nah am Prozess arbeiten wirst, dann kann dir eine technische Ausbildung, deine genannten Vorteile bringen. Denn du weißt ja dann schließlich, wie deine Mitarbeiter ticken, da du deren Ausbildung auch genossen hast.


    Als Uni Ingenieur ist es unwahrscheinlicher, dass man direkt am Prozess arbeitet. Wahrscheinlicher ist, dass man Projektingenieur in der Produktion wird oder Abteilungsleiter wird oder man geht in die Forschung und Entwicklung. Vor allem in der Forschung und Entwicklung interessiert es wirklich niemanden, ob du eine technische Ausbildung genossen hast, sondern eher ob du promoviert hast. ;)


    Es kommt also sehr stark darauf an, was du später machen möchtest, in welche Richtung es dich eher schlägt.


    Was ich z.B. nicht einschätzen kann, ist der von dir angesprochene "theoretische Lernmodus". Ich kann nur so viel sagen, dass ein Uni Studium sehr theorielastig ist und es sicherlich nicht schadet, wenn du z.B. Mathe LK hattest und direkt im Anschluss an dein Abi mit der höheren Mathematik anfängst. Ich kann nicht einschätzen, welche Mathematik eine technische Ausbildung beinhaltet, bin mir da aber sehr sicher, dass es nicht an einen Mathe LK heranragt und du somit tatsächlich 2-3 Jahre raus bist. Theoretisch fängt hier jede Vorlesung bei 0 an und man kann sich das alles selber wieder beibringen, aber es hilft schon, wenn man noch etwas aus dem Abi mitnimmt.


    Wäre sicherlich hilfreich, wenn du mal noch mit Leuten sprichst, die deinen Weg gegangen sind. ;)


    Viel Erfolg!

  • gerade die unterscheidung zwischen FH und Uni kann ich seit meinem Berufseinstieg gar nicht unterschreiben. Einmal im Beruf ist heute egal, wo du studiert hast. Geht soweit, dass in meiner Firma (und auch einigen Zulieferern) gar kein Abschluss auf Visitenkarten/Signaturen geführt wird. Selbst der Doktor-Titel nicht. Mag sein, dass das bei einigen (großen vor allem deutschen) Firmen noch zieht und in größeren Forschungsabteilungen anders ist. Aber nach meinem Gefühl gehts eher in die amerikanische (?) Richtung.


    Die Strukturen sind in verschiedenen Firmen auch immer etwas anders, sodass dir das aus der Ausbildung nicht wirklich weiterhelfen würde, WENN du nicht im Ausbildungsbetrieb später wieder anfangen willst. Wobei du für die Alten dann vermutlich immernoch der Azubi sein wirst. Um zu zsehen, was da abgeht reicht meiner Meinung aber auch ein längeres Praktikum oder ein Ferienjob.


    Ich persönlich sehe das geplante Studium als Aufbau auf die Ausbildung eher kritisch. Wenn du von Anfang an weißt, dass du studieren willst, dann mach das. Ich kenn viele, die während der Ausbildung gemerkt haben, dass sie noch weiter wollen und das Studium dann noch drauf gesetzt haben. Sicherlich hilft einem da die praktische Erfahrung (oder eher das Gefühl) am Anfang ein wenig weiter. Aber dafür 2 oder mehr Jahre ausbildung investieren sich nicht.

  • Kan Phobos nur zustimmen was die Unterscheidung FH und Uni angeht. Es heißt zwar ab und zu mal, dass jemand von einer TH eher befördert wird, aber in mehreren Jahren als Werksstudent während meines Studiums habe ich noch nie erlebt das jemand wegen der Studium an einer Uni bevorzugt wurde.


    Eher das Gegenteil, die Personen aus dem näherem Umfeld die richtig gute Jobs haben sind die, die vor dem Studium eine Ausbildung gemacht haben und / oder berufsbegleitend studiert haben.
    Allerdings sollte dann die Ausbildung und das Studium schon miteinander zu tun haben. Eine Ausbildung zum Schweißer nützt sicherlich wenig beim Medizinstudium.


    Auch im Finanziellen sollte die Ausbildung nicht unterschätzt werden. Es heißt zwar immer so schön, dass RWTH Absolventen locker 500 euro mehr im Monat verdienen als die "Konkurrenz". Alle firmen die ich bisher von innen kennengelernt habe zahlen nach igMetal Tarif und das sind etwas über 4000 Euro im Monat. Klar kann man da noch Steigen und klar ist bei vielen Ausbildungsberufen mit Meister bei 5800 Schluss, aber auch dass muss man sich als RWTH Absolvent erstmal erarbeiten. Rechnet man dann noch den Zeitvorteil hinzu hohlen die meisten diejenigen die eine Ausbildung gemacht haben und danach arbeiten gegangen sind erst mit 50 ein. Dazu kommt dann noch der Vorteil das wer ne Ausbildung gemacht hat die 35 Jahre im beruf schneller voll hat und somit früher in Rente gehen kann.


    Und nochmal an alle die denken, dass man mit einem Zeugnis der RWTH bei 5000 oder mehr im Monat einsteigt, das ist genau so ein Mythos wie das Thema Ingenieurmangel.

    And always look on the bright side of life

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